Wo sind meine Hüftknochen? Hm… Ich spüre sie. Gut! Irgendwann werde ich nicht nur im Liegen, sondern auch im Stehen einen flachen Bauch haben. Alles ist möglich, schliesslich schaffen es so viele Frauen auch. Es muss doch irgendeinen Weg geben, schlank zu sein, ohne dieses verdammte Hungern! Morgen ist Montag. Montag ist ein Neustart für mich, meinen Körper und meine Disziplin. Ab morgen esse ich wieder gesünder und gönne mir vielleicht Mitte Woche etwas Schokolade. Das wird meine Ziele schon nicht zerstören..
Manch einer würde vielleicht denken, ich sei verrückt, solche Bilder öffentlich zu zeigen. Ich habe keinen flachen Bauch. Ich habe breite Hüften und keine schmalen Beine. Manch einer würde denken, ich müsste mich schämen, weil ich keine schöne Figur habe. Ich habe keine „thigh gap“, bin nicht einmal 1.60 gross und habe Dehnungsstreifen. Ich entspreche nicht dem Idealbild der Gesellschaft. Was sollen die Bilder also?
Viel zu oft werden wir geblendet. Leider nicht von der Sonne an einem wunderschönen Sommertag. Nein. von den Medien. Von Facebook. Von Modezeitschriften. Von Gesundheits- und Fitnesszeitschriften. Von Boulevard- Zeitungen. Von Klatschheftern. Von Werbespots, während wir unseren Lieblingssendungen sehen. Von Werbeplakaten am Bahnhof. Von Instagram.
Vor allem letzteres hat mich dazu bewegt, mich in den letzten Monaten mit der Gesellschaft, dem Idealbild und dessen Folgen zu beschäftigen.
Täglich werden wir Frauen mit anderen Frauenbilder konfrontiert. Unbewusst wird uns von der Modewelt suggeriert was Schönheit bedeutet. Nur schlanke und grosse Frauen können da mithalten. Die Fitness- und Gesundheitswelt setzt noch einen drauf: ein schlanker Körper verkörpert Gesundheit. Ein zudem noch definierter Körper zeigt wie diszipliniert und ehrgeizig man ist. Die Werbespots am Fernseher versprechen mit Wundermittel die Figur schlechthin zu bekommen. Natürlich in kürzester Zeit und mit minimalstem Aufwand. Die Nahrungsmittelindustrie setzt vermehrt auf Light und Fettreduzierte Produkte. Die Folge?
Wir essen das, was in unseren Augen als „gesund“ gilt und vielleicht nicht das, was uns schmecken würde. Wir verbieten uns Kohlenhydrate in grösseren Mengen, weil nicht nur Gesundheitsmagazine sondern auch unsere Vorbilder oder Freunde behaupten, sie wären ungesund. Wir informieren uns über alle möglichen Quellen, wie wir zu essen und uns zu verhalten haben, um unsere Idealfigur zu erreichen. Wir vergleichen uns ständig mit anderen, um uns an einem imaginären Massstab zu messen. Durch das wiederholte Verzichten verlernen wir, den richtigen Hunger zu spüren.. Wir essen nach Vorschriften oder an geeigneten Uhrzeiten.
Es ist erst zehn Uhr und mein Magen knurrt schon wieder. Ich verstehe das nicht, ich habe doch erst gerade ein fettes Müsli gegessen.. Soll ich einen Kaffee trinken, damit mein Magen endlich Ruhe gibt? Ach.. Der hat bestimmt auch zu viel Fett, ich trinke jetzt einfach mal einen halben Liter Wasser.. Ich darf nichts essen, sonst kann meine Fettverbrennung nicht optimal laufen.
Mir ist durchaus bewusst, dass ich nicht alle damit anspreche und dass es tatsächlich Menschen gibt die intuitiv essen. Doch durch die vertiefte Auseinandersetzung wegen meiner Essstörung habe ich leider feststellen müssen, dass es unglaublich viele Menschen gibt, die wegen ihrem Körper nicht mehr glücklich sind. Menschen, die Angst haben, etwas „ungesundes“ zu essen, sich aber nach langer Abstinenz aus lauter Frust alles reinstopfen, weil sie laut ihren Aussagen sowieso schon dick oder hässlich sind. Menschen, die sich beim Sport abrackern und nur dann glücklich sind, wenn sie eine Woche lang diszipliniert waren und ihrer Meinung nach nichts „falsches“ gegessen haben. Menschen, die nach einem Stück Schokolade oder Gebäck nicht mehr aufhören können zu essen, weil sie ihre unkontrollierbaren Gelüste überwältigen. Menschen, die täglich auf der Wage stehen und nur dann Freude haben, wenn sich ihre eiserne Disziplin in 200 Gramm weniger auf der Wage bemerkbar macht. Menschen, die nicht mehr auswärts essen gehen, weil ihnen eine simple Menükarte Sorgen bereitet. Menschen, die im Supermarkt nicht einkaufen können, ohne jedes Etikett nach Nährstoff-Angaben zu kontrollieren.
Oh, ich hätte jetzt wahnsinnig Lust auf diesen Joghurt. Schauen wir mal seine Nährwerte an.. Mist, den kann ich nicht nehmen, der hat zu viel Zucker. Fruchtjoghurt.. Hm.. Dann könnte es Fruchtzucker sein? Der ist doch gesund? Ach was weiss ich.. ich lasse es sein.
Aber wieso müssen diese Menschen so sehr leiden? Wieso können diese Menschen sich und ihren Körper nicht akzeptieren? Sich gewollt gesund ernähren und trotzdem auf nichts verzichten zu müssen.. wenn das nur so einfach wäre, denkst du jetzt vielleicht.
Ich kann nicht von einer Zukunft träumen, in der dieser ständige Druck, perfekt sein zu müssen, weg ist. Ich kann auch die Gegenwart nicht ändern, um eine gerechtere Zukunft zu schaffen. Ich alleine kann nichts bewegen. Aber ich möchte einigen Lesern helfen, die unglücklich sind, weil sie diesem Druck nicht standhalten können oder nicht mehr wollen.
Ich weiss wie es ist, wenn deine Freundin ein Schoki- Brötchen isst und du ihr sehnsüchtig dabei zusiehst, aber dir nie im Leben dieses Brötchen erlauben würdest. Dieses Brötchen würde deine Ziele noch weiter in die Ferne rücken. Ich weiss wie es ist, wenn dich neue Tipps und Tricks für eine schlanke Figur mehr verwirren, als Freude bereiten. Ich weiss wie es ist, wenn man ein Stück Schokolade isst und dann denkt, man müsse es mit Sport kompensieren.. wenn man denkt, man macht riesen Workouts später und es deshalb nicht bei einem Stück Schokolade bleibt. Ich weiss wie es ist, wenn man in den Spiegel schaut und man das Gefühl hat, nicht genug schön bzw. schlank zu sein.. Ich weiss wie es ist, wenn man sich durchaus bewusst ist, dass man etwas ändern muss, aber man Angst hat.. Angst, dass man zunehmen könnte.. Angst, dass man unzufrieden sein würde.. Angst, dass man in eine neue Diät rutschen würde.. Angst, dass man die Kontrolle über sich selbst verlieren würde..
Ich hatte das Gefühl, ich muss jemandem (oder allen?) beweisen, dass ich mich auch in eine Idealfigur zwingen kann, wenn ich genug Disziplin besitze.. wenn ich jeden Tag zum Sport gehe und mich von Gemüse und Proteinen ernähre. Ich wollte allen zeigen, dass auch ich zu etwas gut bin, dass auch ich glücklich sein kann, wenn ich eine schöne Figur habe.
Doch wenn meine Ziele mein Leben, mein Essverhalten, mein Gemütszustand, mein Wohlbefinden, meine Selbstwahrnehmung und die Liebe zum eigenen Körper negativ beeinflussen, dann ist es Zeit, etwas zu ändern. Oder willst du mit 80 sagen, dass deine Zwanziger von Essenssorgen bestimmt worden waren? ICH will das NICHT!
Auf was habe ich heute Lust? Mhm.. Ein Brot mit Nutella wäre jetzt ganz lecker. Aber auch ein Brot mit Marmelade. Ein Cappuccino hätte ich jetzt auch gerne. Heute Abend gibt es aber Pasta. Wie viele Kohlenhydrate darf ich mir erlauben? Bah, ich pfeife auf Kohlenhydrate! Ich will das Nutella Brot JETZT haben. Ich darf.
Gerade auf Instagram sehe ich unglaublich viele Frauen, die sich von einem Abnehm- Programm ins nächste stürzen, in der Hoffnung ihre Traumfigur zu erreichen und glücklich zu werden. In der Hoffnung, zufrieden zu sein. In der Hoffnung, sich irgendeinmal nicht mehr Sorgen machen zu müssen, welche Kleidergrösse man trägt.
Mittlerweile gibt es eine unüberschaubar grosse Anzahl an Programmen. Das Problem an diesen Programm ist meist, dass sie einem kurzfristig Zufriedenheit schenken. Man ernährt sich so, wie es vorgegeben ist. Diese Programme geben einem Kontrolle über sein Essverhalten und über seinem Körper. Sie leiten und begleiten deinen Alltag. Einige sind radikal und versprechen in wenigen Wochen sein Ziel zu erreichen, andere gehen es langsam an und garantieren langfristigen Erfolg. Ich habe alles mögliche durchprobiert und bin zum Schluss gekommen, dass kein einziges Programm mich langfristig glücklich macht. Wieso? Weil ich nicht dazu gemacht bin, auf irgendetwas zu verzichten. Ich esse gerne mit Genuss und möchte meinen Körper nähren, wann immer er es braucht. Zu dieser Einsicht hat mir das Buch (absolute Kaufempfehlung!!) Intuitiv Abnehmen von Elyse Resch und Evelyn Tribole verholfen.
In wenigen Schritten sollst du zu deinem natürlichen Essverhalten kommen, versprechen sie. Es ist aber extrem schwer, seine Gewohnheiten abzulegen. Wieso? Weil alle um einem herum weiterhin Diät halten, exzessiven Sport treiben und versuchen, so gut wie möglich auszusehen. Es ist schwer, sich selbst zu akzeptieren, wenn niemand aus deinem Umfeld es tut. Weil jeder fokussiert ist, noch mehr aus sich rauszuholen. Es ist nicht einfach, wenn man alleine gegen den Strom schwimmen muss.
Aber es ist machbar.
Es ist machbar, wenn man es wirklich will. Wenn man die Nase voll vom Hungern und anschliessenden Fressanfällen hat. Wenn man keine Lust mehr hat, sich Gedanken zu machen, was man als nächstes essen darf / soll. Wenn man einfach ausgelassen und glücklich sein will. Wenn man auswärts Essen gehen will, ohne an die nächste Sporteinheit denken zu müssen.
Der Wille ist ausschlaggebend. Der Wille und die Liebe zum eigenen Körper. Also.. Fange an, dich so zu akzeptieren wie du bist. Denn wenn du weiterhin nur das Abnehmen im Kopf hast, wirst du nicht glücklich. Ich weiss es, weil ich aus Erfahrung rede. Ich bin auch nicht perfekt, aber ich habe aufgehört, etwas anzustreben, was ich nicht bin und es geht mir gut.
Jeder von uns ist einzigartig. Du musst niemandem etwas beweisen. Sei du selbst. Werde glücklich!
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*Dieser Beitrag ist von meinem alten Blog importiert. Der Blog hiess damals www.m0reniita.blogspot.ch
1 Comments
Sehr interessanter Artikel. Hoffe Sie veröffentlichen in regelmäßigen Abständen solche Artikel dann haben Sie eine Stammleserin gewonnen.Vielen Dank für die tollen Informationen.
Gruß Sandra